Durch Vermittlung der Landtagsabgeordneten Ruth Müller gelang es, die Wanderausstellung des FC-Bayern im April für eine Woche nach Seligenthal zu holen. Unter dem Titel „Verehrt – Verfolgt – Vergessen“ widmet sich die Ausstellung den jüdischen Vereinsmitgliedern und zeigt anhand ausgewählter Biografien auf, wie jüdische Funktionäre, Spieler und Unterstützer ab 1933 systematisch ausgegrenzt, verfolgt und nicht selten in den Konzentrationslagern getötet wurden.
Die Ausstellung in der Aula wurde von zahlreichen Klassen der Mittel- und Oberstufe besucht und fand großes Interesse bei den Schülerinnen und Schülern. Am letzten Tag der Ausstellung besuchte Landtagsabgeordnete Ruth Müller (SPD) zusammen mit Karin Hagendorn persönlich die Schule, um im Rahmen einer Gedenkstunde, zu der auch der Vorstandsvorsitzende der Schulstiftung Fritz Wittmann und Geschäftsführer Carsten Riegert kamen, mit Schülerinnen und Schülern das Gespräch zu suchen.
Zu Beginn der Gedenkstunde ging Schulleiterin Ursula Weger kurz auf die damalige Ursache des Antisemitismus im Dritten Reich ein, dessen Basis eine perfide Rassenideologie war, die Menschen nicht nach ihrem Charakter oder ihrer Leistung beurteilte, sondern entsprechend ihrer Herkunft, die kein Mensch bestimmen oder verändern kann, in akzeptierte Mitglieder der Volksgemeinschaft und in verachtete und zur Vernichtung freigegebene angebliche Feinde des deutschen Volkes einteilte. Dabei zeige die Ausstellung eindringlich, dass kein Bereich des gesellschaftlichen Lebens davon ausgenommen blieb. Leider sei Antisemitismus aber keine historische Erscheinung, sondern auch heute in Form einer willkürlichen Ausgrenzung und Abwertung präsent. Deshalb sei es wichtiger denn je, eine Haltung zu leben, die den Anspruch eines jeden Menschen auf seine Grundrechte, auf Achtung und Wertschätzung betont. Nur so könnten Diskriminierung jeglicher Art, Rassismus, Unterdrückung und Ausbeutung überwunden werden – eine notwendige Utopie für ein friedliches Zusammenleben der Menschen auf dem Planeten Erde und für das Lösen globaler Aufgaben und Probleme.
Robert Stefan, Lehrer für Deutsch, Geschichte und Politik und Gesellschaft, der auch die Moderation der Gedenkstunde übernommen hatte, schilderte danach eindringlich, wie intensiv die Schülerinnen und Schüler sich mit der Ausstellung auseinandergesetzt hätten. Gerade die Einzelschicksale, gleich ob es sich um den Vereinspräsidenten Kurt Landauer oder z.B. um den Bruder des Schriftstellers Lion Feuchtwanger handelt, hätten die Jugendlichen sehr bewegt. Eine Weltkarte mit einem Überblick über Flucht und Emigration von über 100 Vereinsmitgliedern zeigt das Ausmaß und die Systematik der Verfolgung. Dabei hätten sich die Jugendlichen immer wieder die Frage nach der Rolle der „arischen“ Mitglieder gestellt, die durch ihr Verhalten vom Wegschauen bis zur aktiven Unterstützung diese Ausgrenzung tagtäglich möglich machten – ein Aspekt, den die Schülerinnen und Schüler bei den Tafeln der Ausstellung vermissten. Gerade das Beleuchten des „sozialen Alltags der Ausgrenzungsgesellschaft“ – ein Begriff des Soziologen Harald Welzer – sei aber notwendig, um heute „entschlossen gegen jede Form von Unterdrückung und Intoleranz einzutreten und eine Kultur der Solidarität, des Respekts und der Vielfalt zu fördern, wie sie der FC Bayern heute wieder vorlebt.“
Ruth Müller zeigte sich sehr beeindruckt von der tiefen Auseinandersetzung der Jugendlichen mit der Ausstellung, die sie ganz persönlich für so wichtig fand, dass sie sich zusammen mit Frau Hagendorn für die Präsentation an vielen Schulen eingesetzt habe. Gerade der Zugang über den Sport ermögliche neue Aspekte auf das schwierige Thema. Dabei ermutigte Sie die Schülerinnen und Schüler, ihre Wünsche bezüglich einer Darstellung des Verhaltens der arischen Mitglieder an den FC Bayern heranzutragen. Die Landtagsabgeordnete stellte sich gern den Fragen der Jugendlichen und richtete einen leidenschaftlichen Appell an alle, ihre Zukunft durch politische Beteiligung, ob als
Wähler oder als zukünftige Mandatsträger in z.B. kommunalpolitischen Gremien, mitzugestalten. Die intensive Auseinandersetzung mit unserer eigenen Geschichte lehre uns, die richtigen Schlüsse für die Gegenwart und die Zukunft zu ziehen. Umso wichtiger sei es, populistische Parolen zu erkennen und zu hinterfragen. Unsere Demokratie sei oft mühsam beim Ringen um die beste Lösung und finde oft nur Kompromisse statt 100-Prozent-Lösungen, doch Demokratie habe immer alle Menschen im Blick und nicht nur das Wohl einiger Weniger zum Ziel – und dafür lohne es sich immer, zu kämpfen.
Die musikalische Umrahmung der Veranstaltung übernahmen die beiden Schülerinnen Emilia Zwengauer aus der Klasse 10a und Lara Walter aus der Klasse 9a am Klavier und an der Querflöte mit einem russischen Zigeunerlied von Wilhelm Popp, ein sehr passendes und mit großem Können vorgetragenes Stück, das zum Nachdenken einlud.
Ein herzlicher Dank geht an alle, die zum Gelingen dieser Gedenkstunde beigetragen haben, und vor allem an Landtagsabgeordnete Ruth Müller und Karin Hagedorn, denen wir diese Bereicherung unseres Unterrichts in Politik und Gesellschaft verdanken.
Ursula Weger