Über Deutsche Sprichwörter: Ich bin der Hecht im Karpfenteich

Als ich letztens gelangweilt bei der Bushaltestelle stand, fiel mir ein kleines Mädchen auf. Sie schien auf den selben Bus zu warten wie ich. Doch sie verkürzte sich ihre Wartezeit damit, indem sie ihrer Mutter ohne Punkt und Komma erzählte, wie froh sie doch sei, dass sie in der Matheprobe eine 1 bekommen hat. Sie hatte nämlich schon befürchtet, eine 2 zu bekommen. Ich musste lächeln. Auch wenn das kleine Mädchen für meinen Geschmack viel zu viel redete, fand ich diese Bemerkung niedlich. „Weißt du, Mama, ich hab‘ die ganze Stunde lang gegrinst wie ein Honigkuchenpferd!“

Hm. Diesen Ausdruck hört man öfter, dass jemand wie ein Honigkuchenpferd grinst. Oft muss ich darüber lachen, doch manchmal überlege ich, ob dieses Sprichwort nicht fast schon beleidigend ist. Schließlich wird meine Art zu lächeln hier mit dem Gesichtsausdruck eines Pferdes verglichen. Und ich denke, das hört keiner so gerne. Im Allgemeinen vergleichen wir uns oft mit Tieren und die deutsche Sprache zählt auch viele Sprichwörter mit tierischen Vergleichen. „Du hast doch nen Vogel!“ oder „Das passt doch auf keine Kuhhaut!“, sind nur ein Bruchteil davon. Doch wieso reden wir so? Wir legen Wert darauf, uns präzise und deutlich auszudrücken und doch verwenden wir Sätze, die schlichtweg keinen Sinn machen. Oder hat einer von euch schon mal ein Honigkuchenpferd gesehen?

Zuhause angekommen, schnappe ich mir meinen Laptop. Ich will wissen, warum Menschen ständig behaupten, sie würden die dicken Tränen eines Krokodils weinen oder dasitzen wie ein Affe auf dem Schleifstein. Und, aha, ich werde fündig! Diese Sprichwörter haben eine interessante Geschichte. Total gefesselt lese ich die Erklärung für „Das passt auf keine Kuhhaut“. Der Spruch hat seinen Ursprung im Mittelalter. Die Menschen glaubten früher daran, dass ihre Sünden aufgeschrieben werden würden. Es gab aber kein Papier und so beschloss man Kuhhaut zu nehmen.

Sogar „Der hat einen Vogel!“ hat einen Hintergrund. Früher glaubte man, dass hinter der Schädeldecke psychisch kranker Personen ein Vogel hockte, der dort sein Nest gebaut hatte. Irgendwie finde ich es faszinierend, dass ca. 500 Jahre alte Zitate auch heute noch verwendet werden. Wir benutzen sie eben in einem anderen Zusammenhang. Doch das Wissen, dass man dieses Sprichwort vielleicht schon im 16. Jahrhundert verwendet hat, finde ich krass.

Die tierischen Vergleiche und Sprichwörter kommen aber nicht nur aus dem Mittelalter. „Das war für die Katz!“ kommt zum Beispiel aus dem Buch „Der Schmied und die Katze“. Der Schmied ließ in dieser Geschichte die Kunden immer nur das für die Arbeit bezahlen, was ihnen die Arbeit wert war. Viele Leute nutzten das jedoch aus und sagten oftmals nur Danke. Mit der Zeit wurde der Schmied griesgrämig, da er kaum Geld verdiente. Er packte seine Katze und setzte sie neben sich. Immer wenn er wieder ein abschätziges „Danke“ als Belohnung für seinen Fleiß bekam, sagte er zu seiner Katze: „Katz, das gebe ich dir.“ Doch das Tier hatte auch nichts davon und musste so verhungern.

Schön langsam verstehe ich, was ich sage. Ich darf diese ganzen tierischen Sprichwörter nur nicht zu ernst nehmen. Sie haben einen interessanten Hintergrund und die Bedeutung dieses Zitates hat sich mit der Zeit eben gewandelt.

Auf einer anderen Seite steht, dass Mensch und Tier auch einfach viel gemeinsam haben. Ein Affe zum Beispiel unterscheidet sich vom Menschen nur zu 1,2 Prozent. Und auch der Hund passt sich zu ca. 80 Prozent dem Menschen an.

Da hätte ich auch drauf kommen können. Zumindest, dass Affe und Mensch sich extrem ähneln, weiß so gut wie jeder.

Erstaunlich, dass wir teilweise Zitate verwenden, die ihren Ursprung im Mittelalter haben! Ich wäre nie darauf gekommen, dass „Der hat einen Vogel!“ eine ernste, tiefere Bedeutung hat. Ich finde es echt interessant, was man so alles über unsere Sprache erfährt, wenn man einfach mal nachschaut, was man sagt. Doch ich werde die Zitate natürlich jetzt nicht besonders ernst nehmen und sie wegen ihrer Herkunft nicht mehr verwenden. Ich werde weiterhin zu meinen Freundinnen sagen, dass sie einen Vogel haben, wenn sie mal wieder etwas reden, was keinen Sinn ergibt. Und dann werde ich grinsen, wie ein Honigkuchenpferd, da ich den Ursprung kenne! Ich bin also der Hecht im Karpfenteich! Hehe! 😉

Rätsel der Woche

Dieses Bild hat ein leeres alt-Attribut; sein Dateiname ist banner-1090830_960_720.jpg.

Auflösung von letzter Woche: das Kind würde Marie Nierte-Rippchen heißen. Sprichst du es laut aus, weißt du, warum man dabei eher belustigt an Grillen denkt und dem Kind mit dem Vornamen sicher keinen Gefallen tut.

Er ist leichter als die Feder, aber selbst der stärkste Mann kann ihn nicht mehr als drei Minuten halten.

Was/Wer ist gemeint?